02. Juni 2011


Surfen auf der Ostsee

 

Kaum zu glauben, aber wahr: hier auf unserer Fähre gibt es Internet, zwar nur mit dem passenden Netzwerkkabel und mit einer Geschwindigkeit die an frühere Modems erinnert, aber immerhin. Und so gibt es für euch schon das nächste Kapitel unseres Reiseberichts.

 

Bei bestem Sonnenschein genießen wir gerade unsere Fährüberfahrt, sitzen gemütlich mit unseren Mitreisenden auf dem Sonnendeck und lassen es uns gut gehen – jetzt fängt der Urlaub richtig an J

 

Gestern Abend sind wir wieder durch diverse schon erwartete Vor-Feiertags-Staus bis Travemünde gefahren um uns dann in die Fahrzeugschlange für Wohnmobile einzureihen. So rund 15 Mobile waren schon da und warteten neben zahlreichen PKWs mit Ausfuhr- oder Kurzzeitkennzeichen diverser Länder auf das Einchecken. Der Einweiser für die richtige Einreihung der Fahrzeuge hat uns diesmal auf ein neue Option an Bord gebracht: Es gibt die Möglichkeit Strom anzuschließen während der Überfahrt und somit seinen Kühlschrank durchgehend zu kühlen. Wir haben zwar jetzt nichts wirklich Kritisches dabei, wir wussten ja nicht dass es die Möglichkeit der Stromversorgung gibt. Nachdem wir anfangs dann in der Reihe „Womo ohne Strom“ parken, haben wir uns dann doch umentschieden. Am Eincheck-Häuschen hat uns Jens einen entsprechenden Zettel besorgt und wir haben Jumpy in die Nachbarreihe umgeparkt.

 

Das Einchecken für die PKWs ging dann wie angekündigt gegen 23h los. Irgendwie hatten wir die Hoffnung, dass es dieses Jahr schneller als letztes Mal ging, denn um die Zeit einfach am Womo rumzustehen und nur zu warten wirklich ermüdend ist. Aber es wurde später und später, wir müder und noch müder und kälter wurde es auch. Also alles in allem eine etwas nervige Situation. Bis halb 2 müssten wir ja an Bord sein, dachten wir, da ja einchecken nur bis 90 Minuten vor dem Ablegen sein sollte. Aber falsch gedacht. Erst so gegen 2h kam das lang ersehnte Follow-Me-Fahrzeug und hat uns zum Fähranleger geleitet. An Bord parken wir wieder zwischen den ganzen LKW und als Transporter passten wir auch noch in die letzte Ecke. Strom schnell angeschlossen, Sachen zusammengesammelt und ab aufs Schiff.

 

Unsere Kabine auf dem Hundedeck ist schnell gefunden, wir kennen uns ja schon aus. Zwar fahren wir dieses Jahr mit der Finnstar und nicht wie letztes Jahr mit der Nordlink aber das sind ja Schwesterschiffe und somit baugleich. Ceddy nutzt sogar direkt die Kack-Box in der Pet-Area, dem kleinen Außendeck für die Vierbeiner. Scheinbar ist ihm dies von der letzten Reise nicht als negativ in Erinnerung geblieben. Wir haben nun wirklich Hunger und gucken mal was es denn dieses Jahr nachts hier zu essen gibt. Die Auswahl ist relativ gering, es gibt Eintopf, Brot, Butter oder Margarine und dazu Käse, hier stehen immerhin Emmentaler oder Gouda zur Auswahl. Das Ganze ist dann für 8 Euro zu haben, was uns doch überlegen lässt ob wir auch mit hungrigem Gemüt schlafen können.  Aber mit knurrendem Magen schläft es sich bestimmt schlecht und so gönnen wir uns doch das Essen. Und so um halb 3 schmeckt der Eintopf wirklich gut, auch wenn es kein Vergleich zum letztjährigen Mitternachtsbuffet ist. Sehr schade, dass dies abgeschafft wurde.

 

Inzwischen ist es kurz vor 3 Uhr bzw. an Bord ist finnische Zeit d.h. es ist schon  kurz vor 4 und somit Zeit zum Ablegen. Jessi fällt spontan ein, dass wir in Jumpy ein Netzwerkkabel durch die Gegend fahren und da wir ja festgestellt haben, dass es Internet aber halt nur mit Kabel gibt, darf sie ganz schnell noch einmal auf das Lorrydeck, kurz bevor dies zum Ablegen und dann auch die gesamte Überfahrt verriegelt wird (Hab mich übrigens echt beeilt, die Vorstellung die Überfahrt auf dem Lorrydeck zu verbringen, gefiel mir gar nicht).

Dank der langen Wartezeit am Fähranleger schaffen wir es also dieses Mal tatsächlich beim Ablegen an Deck zu sein und staunen wie schnell unser Schiff vom Kai ablegt (längere Belichtungszeiten für tolle Fotos im Dunkeln liefern somit auch keine wirklich scharfen Bilder, aber das ist auch mal eine Erfahrung im Leben, die man gehabt haben muss). Die Häuser und die Segelschiffe von Travemünde wirken echt klein vom Deck unsere großen Fähre und dank des rasanten Tempos sind wir auch ratzfatz aus der Hafeneinfahrt raus. Zeit ins Bett zu gehen!

 

Die Nacht endet mit viel zu wenig Schlaf aber der Gedanke das Frühstück zu verpassen gefällt uns gar nicht. Wir sind scheinbar eh die letzten die dort erscheinen. Wir haben vorab kein Mahlzeitenpaket für die Überfahrt gebucht und kaufen uns an der Bar Tickets für das Frühstück und für das heutige Abendessen. Wie bekommen Tisch 130, ein für zwei viel zu großer Tisch aber dafür der letzte noch freie am Fenster, zugewiesen, der nun für die restliche Überfahrt unser Esstisch sein wird. Nicht dass wir uns umgewöhnen müssen! Das Frühstücksbuffet ist gut bestückt, auch wenn wir die Auswahl irgendwie größer in Erinnerung haben. Lecker ist es auf jeden Fall!

 

Von dort aus machen wir es uns auf dem Sonnendeck gemütlich, das Wetter ist bestens, Sonnenschein und blauer Himmel. Anfangs weht noch ein recht frischer Wind der sich aber im Laufe der Zeit legt. Ceddy darf (zunächst) sogar mit an Deck, wir haben diesmal extra vorher gefragt und so liegt er schön unterm Tisch, lässt sich den Wind durchs Fell wehen und schläft. Sogar Wasser bekommt er vom netten Kellner an der Bar geliefert. Allerdings hat dieses Luxusleben unseres Hundes ein jähes Ende als unser Keller uns leider mitteilen muss, dass Hunde doch nicht an Deck erlaubt sind. Na ja, war ja genauso wie beim letzten Mal da ist ja auch erst nach mehreren Stunden aufgefallen, dass da ja ein Neufundländer an liegt. Allerdings war dies ja auch drinnen und nicht draußen und so ist Ceddy jetzt wieder in der Kabine und wir sitzen alleine an Deck. 

 

So viel also von unserem ersten tollen Urlaubstag und nun geht’s erst mal zum Abendessen!


4. Juni 2011

 

Es wird anders – spannend!

 

Es hat ein paar Tage gedauert bis ich die Zeit finde zu schreiben, alles ringsherum ist so spannend, anders, kontrastreich, wunderschön, anstrengend.... Mir fehlen gerade die passenden Worte. Eins steht schon mal nach der kurzen Zeit hier in dem Land fest: es wird anders als letztes Jahr als wir „die ersten Schritte“ hier gemacht haben. Jetzt gerade, während ich schreibe, sind wir in Yelets/Jelez (je nach Übersetzung), circa 400 km südlich von Moskau. Heute Nacht gönnen wir uns eine Hotelübernachtung im Intourist Hotel vor Ort und obwohl ich echt müde bin, versuche ich mal ein paar Zeilen zu schreiben, bisher fehlte ein wenig die Zeit dafür und jetzt haben wir auch schon weit nach Mitternacht aber ich hoffe ja, dass es unten (wir sind gerade 7. Etage) irgendwo ein WIFI gibt, wo ich unseren Bericht aktualisieren kann. Der Blick unseres Zimmers ist wunderschön einmal über den Ort, den Stadtpark mit seinem Riesenrad und einige schöne Kirchen. Wir haben Blümchen Bettwäsche und die Tapete ist hellblau mit ebenfalls Blümchen Muster (ich glaube sogar im Bad sind Blümchen-Fliesen). Das Ganze vermutlich noch aus der Zeit in der das Hotel gebaut wurde. Beeindruckend und mit speziellem Charme.

Immerhin dürfen wir trotz Hund hier übernachten, damit haben wir nicht wirklich gerechnet denn eigentlich sind die russischen Hotels nicht wirklich erfreut wenn man mit Hund auftaucht. Aber hier haben wir das erste Hotel vor Ort (und vermutlich das Einzige) dank Navi schnell gefunden und Hund war gar kein Problem. Die Zimmerpreise reichen von 1200 Rubel pro Zimmer (ohne Dusche & WC aufm Flur) über 2100 Rubel (für unser Zimmer mit WC&Dusche), über 2800 Rubel bis zu 4000 Rubel für Luxus-Zimmer. Da es uns aber darum ging mal wieder zu Duschen, haben wir das günstigste Zimmer mit Dusche gewählt. Der Hund und das Frühstück sind inklusive, Parken kostet 210 Rubel extra (kleine Autos 150 Rubel) und somit steht unser Jumpy schick hinter einem blauen Wellblechzaun, der durch diverse unterirdische Gänge und verworrene Wege irgendwie mit dem Hotel verbunden ist (vielleicht ein wenig übertrieben, aber es war schon nicht so einfach dem Parkplatzwächter durch die diversen Zimmer und Treppen zu folgen).

 

Aber fangen wir doch erst mal von vorne an zu schreiben.

 

Die Fährüberfahrt war wirklich schön, besonders weil diesmal das Wetter wirklich toll war. Nachdem wir den ganzen Tag ja schön auf’m Sonnendeck verbracht haben, gab es lecker Abendessen. Zwar nicht wirklich günstig, dafür gab es aber auch zahlreiche Dinge zur Auswahl. Wir sind kaum über das Vorspeisenbuffet hinausgekommen, da es dort schon diverse Leckereien gab. Danach haben wir noch ein wenig draußen an Deck gesessen, waren mit Ceddy „spazieren“ und zum Abschuss gab es noch einen malerischen Sonnenuntergang auf See. An dieser Stelle grüßen wir sehr herzlich die Österreicher mit dem Leihwomo aus der Oberpfalz und die Hamburger Ärzte mit  Hund!

 

Richtig dunkel wird es tatsächlich nicht mehr, die Dämmerung bleibt bis kurz drauf die Sonne schon wieder aufgeht. Und so sind wir am nächsten Morgen recht früh auf den Beinen (Jens natürlich eher als Langschläfer Jessi) und genießen wieder bei herrlichem Sonnenschein den Blick auf die Küste Finnlands und die kleinen Inselchen davor. Je näher wir Helsinki kommen desto enger wird die Fahrrinne und desto langsamer auch unser Schiff. Kurz vor dem endgültigen Anlegen sollen alle, die nicht auf den PKW Decks stehen schon zu Ihren Fahrzeugen. Und dementsprechend sind wir wie erhofft relativ schnell von der Fähre und starten gegen 8 Uhr direkt Richtung Russland.

 

An der Grenze angekommen stehen dort schon wieder zahlreiche Autos mit Ausfuhrkennzeichen u. a. einige die mit uns auf der Fähre waren. Jetzt wird es also erst mal spannend. Wie läuft es dieses Jahr an der Grenze? Diesmal tippen wir auf eine Verweilzeit von einer Stunde (Jens) bzw. zwei Stunden (Jessi). Die Erfahrungen vom letzten Jahr stimmen uns optimistisch und jetzt wissen wir ja auch wie es funktioniert. Erst mal am ersten Häuschen Pässe abgeben und die Immigrationskarte ausfüllen (Es geht übrigens schneller, wenn man selbst merkt dass diese gefaltet ist und sie direkt auf beiden Seiten ausfüllt). Eine Hälfte bekommt man mit einem schönen Stempel zurück und sollte sie gut aufbewahren (braucht man zur Ausreise wieder). Dann holen wir uns den Stempel für Ceddy. Der Tierarzt befindet sich nach wie vor in der benachbarten LKW-Abfertigung und ist schnell gefunden. Heimtierausweis vorlegen, sagen dass wir nach Russland wollen und schon gibt es ein kleines Zettelchen mit Stempel. Das war wieder einfach und keiner wollte Ceddys schönes und teuer erstandenes amtstierärztliches Gesundheitszeugnis sehen. Somit dürfen schon mal alle drei „Insassen“ unseres Womos einreisen, nun fehlt nur noch Jumpy selbst.

 

Also stellt Jens unser Womo schon mal ein Stück weiter in der Schlange und Jessi stellt sich beim Häuschen für die Zollkontrolle an. Die Formulare haben wir schon schön vorab ausgefüllt, in der Hoffnung dass es schneller geht. Aber nein, es gibt in diesem Jahr neue Formulare, diesmal doppelt so groß in DINA4 und somit schon mal mehr Platz zum Ausfüllen. Und es gibt auch eine deutsche Übersetzung dazu, so geht es dann doch relativ einfach. Auch hier wäre es schneller gewesen gleich zwei Exemplare auszufüllen (natürlich die russischen), merken wir uns für’s nächste Mal. Aber wer weiß, was dann wieder anders ist. Diesmal können wir schon fast flüssig erklären, wo wir langfahren wollen und als dann das Stichwort Ausreise über die Ukraine kommt, gibt es noch ein Formular, diesmal mit englischer Übersetzungshilfe. Hier tragen wir noch mal genau die gleichen Fahrzeugdaten wie auch schon auf den Zollpapieren ein und bestätigen dass wir unser Auto auch wieder mitnehmen. Das Papier gibt es nu aber nicht doppelt und somit auch kein Exemplar  für uns. Jetzt wird alles noch schön kopiert und nun dürfen wir bis zur Schranke vor fahren und der Zöllner guckt sich unser Auto von Innen an, dauert ca. 30 Sekunden und schon geht die Schranke hoch bzw. sollte sie hochgehen. Scheinbar streikt die Chipkarte unseres Zöllners. Sollte jetzt daran unsere Einreise scheitern? Glücklicherweise nicht, die Zöllnerin der Nachbarschlange hilft mit ihrer Karte aus und schon ist’s geschafft! Nach nur einer Stunde sind wir wieder in dem Land, wo uns alle immer nur irritiert angucken, wenn wir erzählen dass wir dorthin in den Urlaub fahren.

 

Auf den ersten Kilometern gibt’s noch den ein oder anderen Schlagbaum bei dem wir noch mal unsere Pässe vorzeigen müssen und das war es dann auch mit den Kontrollen. Jetzt heißt es erst mal tanken. Diesel kostet zwischen 23 und 25 Rubel pro Liter, was umgerechnet ca. 60 Cent entspricht. Wir bekommen sogar unseren Jumpy vollgetankt, was nach unserer Erfahrung eher ungewöhnlich ist, da man eigentlich vorher eine bestimmte Literanzahl bezahlt.

 

Unsere erste Station ist Vyborg, dort wohnt der Vater eines Arbeitskollegen von Jessi, den wir hier treffen wollen. Wir parken direkt vor der Markthalle und warten auf Igor. Bis dahin heben am Geldautomat  unsere ersten Rubel ab, kaufen ein wenig ein und versuchen uns eine russiche SIM-Karte zu besorgen. Letztes Jahr hatte uns Igor dabei geholfen, jetzt versuchen wir unser Glück schon mal alleine und wenn es nicht klappt, dann hilft er uns bestimmt auch noch mal. Wir hatten vorab schon ein wenig im Internet nach Tarifen geguckt und der Anbieter Beeline, auf kyrillisch Bilain geschrieben, war unsere erste Wahl. Durch Zufall gab es an der Markthalle auch direkt einen Shop. Allerdings war es hier nicht möglich eine SIM-Karte mit einem deutschen Pass zu kaufen, nur russische Pässe werden akzeptiert. Also ab zum nächsten Laden um die Ecke. Bei MTC ist unser deutscher Pass kein Hindernisgrund und eine Tarfiübersicht bekommen wir auch. Und so sitzen wir erst mal im Womo mit unserem Wörterbuch und versuchen den besten Tarif für uns herauszufinden. Im Tarfi MTC Konnekt 4 nehmen wir die „Beslimit Maxi“ Option, d.h. Internet ohne Limit, bei dem ab 500 MB die Geschwindigkeit auf 64kb/s gedrosselt wird (bei „Mini“ ab 250 MB, bei „Super“ ab 1000 MB. Die SIM-Karte dafür kostet 250 Rubel, unsere Zusatzoption 299 Rubel (Mini: 199 Rubel, Super: 449 Rubel). Alles bestens! Sogar eine Mikro-SIM für’s IPhone gibt’s hier. Wir haben zwar noch ein Notfall-Handy dabei, für den Fall dass es mit der Mikro-SIM nicht klappt, allerdings hätten wir dann auch keine Internet-Option gebraucht. Ein IPhone kostet hier übrigens 31.900 Rubel, umgerechnet rund 790 Euro.

 

Igor ist ein wenig überrascht, dass das mit dem Kauf der SIM-Karte geklappt hat. Ein weiteres Jahr Russisch in der VHS lernen hat doch einiges gebracht im Vergleich zu unserem ersten Besuch. Zwar klappt das richtige Unterhalten noch nicht so recht, aber das tut’s dann ja vielleicht im nächsten Jahr. Dann bringen wir für unseren Besuch in Vyborg auch mehr Zeit mit. Diesmal haben wir uns eine weite Strecke vorgenommen und fwollen somit heute noch weiter. Und so übergeben wir unsere Geschenke aus Deutschland, einen Korb mit allerlei leckeren Dingen von Igors Familie und ein paar Mitbringseln aus Münster. Dafür haben wir jetzt leckerste Marmelade und Souvenirs aus Vyborg an Bord und Jessi freut sich jetzt schon auf das erste Brot mit der tollen Marmelade.

 

Der Weg Richtung Sankt Petersburg ist schnell gefunden, nicht nur weil das Ziel natürlich bestens ausgeschildert ist, sondern auch weil wir ja uns vor dem Urlaub eine Navi-App für’s IPhone gegönnt haben. Mal gucken ob sich der Invest von 40 Euro gelohnt hat.

 

Allerdings macht sich kurz vor dem Ortsausgang von Vyborg ein regelmäßiges Klackern vorne links bemerkbar, erster harmloser Gedanke: ein kleiner Stein im Reifenprofil. Aber nein, es war kein kleiner Stein, sondern eine wirklich große Schraube mitten in der Lauffläche des Reifens. Blöd. Kaum in Russland und doch schon eine Reifenpanne. Rausdrehen und gucken was passiert oder lieber lassen? Wir entscheiden uns für lieber lassen und kehren um. Vor der letzten Brücke hat Jessi einen Schinomontasch, also eine Reifenwerkstatt, gesehen. Die gibt es hier übrigens alle paar hundert Meter, zumindest im Bereich der Orte, auf der Landstraße vielleicht auch nur jeden Kilometer aber dann mindestens drei Stück nebeneinander. Und so fahren wir zum nächstgelegenen Schinomontasch zurück, haben die Qual der Wahl und entscheiden uns einfach für den mit Schaufenster. Jessi äußert drinnen ganz professionell „U nas jest problema s schino“, was frei übersetzt heißt: wir haben ein Problem mit dem Reifen. Netterweise kommt der Angesprochene direkt mit zum angucken, denn jegliche weitere Erklärung wäre fehlgeschlagen. Glüklicherweise ist so eine Schraube im Reifen relativ einfach direkt zu sehen und schon weist er uns in den Hof, wo wir vor einer der Reparaturboxen stehen bleiben sollen. Scheint kein ungewöhnlicher Fall zu sein. Sein Kollege holt sich ein paar Dinge und dreht die Schraube raus. Erschreckend schnell entweicht die Luft und wir sind doch ganz froh, dass wir es nicht selbst versucht haben. Schnell wird per Schraubendreher irgendetwas Flüssiges in unseren Reifen getropft/gestochen oder wie auch immer man das bezeichnen mag und zum Abschluss ein Stück Gummi/Kabel oder ähnliches hinterher gesteckt. Schön ordentlich abgeschnitten, aufgepumpt und schon sind wir innerhalb von fünf Minuten fertig, zahlen 50 Rubel, rund 1,25 Euro, und sind auch schon wieder draußen. Das Ganze geht schon schnell, dass Jessi jegliche fotografische Dokumentation vergießt oder sogar die Schraube als Souvenir mitzunehmen. Immerhin eine schicke Quittung fürs Fotoalbum haben wir. Und nach diesem kleinen Zwischenfall sind wir also auch schon wieder auf dem Weg Richtung Sankt Petersburg.

 

In der Stadt herrscht viel Verkehr und man muss sich erst wieder an die Fahrweise gewöhnen. Der Stellplatz am Kulturhaus am Lesnoy Prospekt 17-2 ist mit nur einmal im Kreis fahren, dann doch relativ einfach gefunden. Zumindest wenn man weiß, dass er schwierig zu finden ist und in einem Hinterhof liegt. Also stadtauswärts liegt die Zufahrt rechts vor der kleinen Kirche und der Feuerwehr, stadteinwärts  links dahinter. Und siehe da vor dem Kulturhaus parken auf der grünen Wiese schon ein französisches Womo und ein T3 aus Österreich. Scheint also gar nicht so unbekannt zu sein. Wir melden uns im Kulturhaus an, die Dame ist wohl etwas verblüfft dass nun auch noch Deutsche den Weg hierhin gefunden haben. Wir haben nicht reserviert und so muss sie sich telefonisch erst erkundigen, ob wir stehen dürfen. Und das dürfen wir. Formalitäten machen wir am nächsten Tag, wenn der Direktor da ist. Eine Kabeltrommel gibt’s auch noch gleich mit, denn die Steckdose im Flur ist recht weit vom Womo entfernt.

 

Die Wiese liegt angenehm schattig unter großen Bäumen, was allerdings den Franzosen dazu bringt erst mal ein wenig umzuparken, da seine Satellitenschüssel keinen Empfang bekommt. Uns ist das egal, denn so etwas hat unser Jumpy gar nicht erst. Neben der Stromversorgung gibt es auch noch die Möglichkeit Wasser aufzufüllen, ein Schlauch liegt bereit und Toiletten gibt es im Haus auch, aber keine Dusche. Und einen Kaffeeautomaten. Ansonsten ist das Gelände rings um das Kulturhaus von einer hohen Mauer umgeben, das Zufahrtstor zwar nicht abgeschlossen, aber immerhin angelehnt so dass wir hier Jumpy guten Gewissens stehen lassen und in die Stadt gehen.

 

Bis zur Newa sind es nur rund 800 Meter. Von dort hat man einen tollen Blick über die Stadt. Auf dem Weg dorthin wird Ceddy schon von diversen anderen Hundebesitzern bewundert und von zahlreichen Kindern gestreichelt. Jens kommt im Gegenzug zu dem Vergnügen einen Nackthund streicheln zu dürfen. Vielleicht war es auch eher ein müssen, denn die Besitzerin wäre doch enttäuscht gewesen, wenn Jens ihn nicht gestreichelt hätte. Ceddy ist nun schon recht platt und so geht Jessi allein zur Peter-und-Paul-Festung, während Jens mit Ceddy sich in den Park mit den Wasserspielen am Finlandski Woksal setzt. Leider hat die Festung schon geschlossen, es ist halt doch schon nach 21 Uhr, schade. Dann wohl beim nächsten Mal. Auf dem Heinweg gibt’s an einer Bude noch ein Schawarma und nen Spieß mit Pommes und Salat. Apropos Salat, wir wurden an der Grenze übrigens nicht wegen EHEC kontrolliert. Wir hatten vorher gehört, dass dies bei der Einreise von Europäern jetzt wohl erfolgen soll. Noch nicht einmal unser Kühlschrank wurde kontrolliert. 

 

Und so lassen wir unseren ersten Abend auf russischem Boden mit einem kleinen Wässerchen ausklingen und gehen ins Bett.

 

Gute Nacht Grüße!


Mit ♥ für euch geschrieben