Zum Ural - dem geografischem Übergang nach Asien

Die M10 Richtung Moskau

30. April 2012

 

Heute Morgen steht erst mal ausschlafen und gemütlich Kaffee kochen auf dem Programm. Auf der vor uns liegenden Baustelle wird gearbeitet, aber nicht so laut als dass es uns stören würde. Trotzdem sind wir irgendwie irritiert von der Ruhe bis wir feststellen dass prompt die zweispurige Uferstraße gesperrt ist und wir somit gar keinen Autolärm vor der Nase haben. Das erklärt nun auch warum die Bauarbeiter gestern die ganzen rot-weißen Straßenbegrenzungstonnen abtransportiert haben. Warum das allerdings weit nach Mitternacht erst passiert ist, keine Ahnung.

 

Morgendlicher Blick auf die Peter-und-Paul-Festung 

 

Quer durch Sankt Petersburg machen wir uns auf den Weg nach Moskau. Unser Navi lotst uns auch hier einwandfrei durch die Straßen, meistens in Form von mehrspurigen Einbahnstraßen bis wir dann irgendwann auf unsere M10 kommen. Diese soll uns jetzt die rund 700 km bis Moskau führen.

 

Kreuzung in Sankt Petersburg

 

Überall wird neu gebaut, Hochhäuser dazu eine Kirche. 

 

Sobald wir den Dunstkreis der Stadt verlassen haben, säumen wieder Birken- und Nadelwälder unsere Straße. Richtige Ortsumfahrungen gibt es hier nicht und so kommt nach wenigen Kilometern freier Fahrt immer wieder ein Dorf, welches durch die gut befahrene Landstraße in zwei Hälften geteilt wird. Ein Holzhaus steht neben dem anderen, die Gemüsegärten werden gerade für den kommenden Frühling vorbereitet. Manche Häuser sind verlassen und arg verfallen. Auch abgebrannte Häuser sind immer wieder zu sehen. Doch viele Häuser sind auch sehr schön herausgeputzt, die Fenster tragen die typischen Holzverzierungen und sind bunt angestrichen.

 

Am Straßenrand gibt es kleine Stände an denen es Kartoffeln oder eingelegtes Gemüse zu kaufen gibt. Auch die bereits bekannten Stände mit den riesen Teddybären oder anderen Stofftieren tauchen in regelmäßigen Abständen wieder auf. Zwischendurch wird immer mal wieder geblitzt, so dass wir uns so gut es geht an die Geschwindigkeits-vorgaben halten. Im Ort fällt das gar nicht so leicht, denn die anderen Verkehrsteil-nehmer nehmen es mit den 60 km/h nicht ganz so genau. Besonders die LKWs tun uns leid, die wir durch unser langsames Fahren im Ort ausbremsen.

 

Verkaufsstand an der M10

Auf der Hälfte zwischen Sankt Petersburg liegen die Waldayer Höhen und so geht das Flachland in eine leichte Hügellandschaft über. Hier ist die Natur auch schon etwas weiter, die Birken blühen, am Straßenrand sprießt grünes Gras und an bewaldeten Stellen gucken am Boden überall weiße Blümchen hervor. Es ist leicht bewölkt, aber mit rund 15°C schon sehr angenehm.

 

Wir entscheiden uns heute nicht bis Moskau durchzufahren, sondern biegen in Twer von der Landstraße ab. Twer, direkt an der Wolga gelegen, hat rund 400.000 Einwohner und liegt 170 km im Nordwesten von Moskau. Da der Ort auf dem Weg zwischen alter und neuer Hauptstadt Russlands liegt, entwickelte sich die Stadt als wichtiges Handelszentrum. Die Stadt ist übersichtlich aufgebaut, so dass wir schnell das Zentrum finden. Aus unserem Reiseführer haben wir gelernt, dass Twer die Partnerstadt (auf russisch übrigens Bruderstadt) von Osnabrück ist. Und so steuern wir das ebenfalls erwähnte Hotel Osnabrück an. Das Hotelpersonal ist sehr freundlich und so dürfen wir auf dem abgeschlossenen Hotelparkplatz übernachten. Mit der klitzekleinen Einschränkung, dass wir am nächsten Morgen um 9 Uhr wieder fahren. Warum sehen wir dann als sich das große Tor öffnet und den Blick auf den kleinen Parkplatz freigibt. Hier ist genau noch Platz für uns und so stehen wir quer hinter allen anderen, die vermutlich am nächsten Morgen abreisen wollen.

 

Unser Womo vor Hotel Osnabrück

ndy ist schnell geparkt und so machen wir uns auf den Weg uns den Ort anzugucken. Also laufen wir Richtung Wolga, Holzhäuser und Steinhäuser wechseln sich ab und schon stehen wir auf einer zentralen Hauptstraße mit ihren Prachtbauten. Als wir an der Post vorbeikommen, versuche ich mein Glück mit der Registrierung. In Russland ist es für ausländische Touristen vorgeschrieben sich registrieren zu lassen. Bei einer Übernachtung im Hotel übernimmt das Hotel dies, als Individualtourist hingegen wendet man sich entweder an die Behörde des förderalen Migrationsdienstes „UFMS“ oder aber soll dies auch beim lokalen Postamt gehen. Letztes Jahr haben wir der Einfachheithalber einmal im Hotel übernachtet und hatten dann unsere Registrierung, aber diesmal könnten wir ja mal unser Glück bei den lokalen Ämtern versuchen. Das UFMS hat natürlich schon zu, aber die Post noch nicht. Also versuche ich es mal, scheitere aber schon am Automaten am Eingang, bei dem man eine Nummer ziehen muss, der Automat diese aber erst ausspuckt, wenn man vorher eine Kategorie, was man denn möchte, auswählt. Aber ich brauche weder Briefmarken, noch habe ich Fragen zu meiner Rente. Da nicht viel los ist, ignoriere ich den Automaten und wende ich mich an den ersten besetzten Schalter. Die Dame zählt gerade Geld und so warte ich geduldig bis sie fertig ist. Meine Frage nach der Registrierung beschert mir schicke Formulare, doppelseitig und mit ganz vielen leeren Kästchen. Da sind die Papiere an der Grenze echt trivial gegen, also setze ich mich hin und fange an mal das auszufüllen was ich verstehe. Viel ist es leider nicht. Kurz drauf werde ich aber von den beiden jungen Damen wieder zum Schalter gerufen, die mir erklären dass das gar nicht nötig ist, wenn ich nur eine Nacht in Twer bleibe. Da haben Sie ja nicht unrecht, eigentlich braucht man das erst ab 72 Stunden Aufenthalt an einem Ort (was ja die meisten Touristen auch machen). Also verlasse ich die Post wieder und nehme meine halbausgefüllten Papiere mit. Mal sehen, was das Wörterbuch zu Hause so hergibt. Draußen diskutieren Jens und ich, wie wir sie doch noch davon überzeugen können uns das Papier auszustellen. Also ich wieder rein und versuche es noch mal, mit meinen Russischkenntnissen ist meine Argumentation allerdings etwas löchrig. Immerhin bekomme ich jetzt eine andere Erklärung, warum es nicht geht. Hier werden nur Personen registriert, die jemanden vor Ort besuchen, also zum Beispiel Familie oder Freunde in Twer. Wir hingegen sollten uns ans UFMS wenden. Schade.

 

Und so laufen wir erst mal weiter bis zur Wolga. Auf der Uferpromenade wird fleißig flaniert und für die Männer gibt es viele kurze Röcke und hohe Stöckelschuhe zu sehen. Ich bin immer wieder beeindruckt, wie elegant der Gang der weiblichen Bevölkerung bei diesem Kopfsteinpflaster ist. Vielleicht sollte ich hier mal ein paar Übungsstunden nehmen. Auf der anderen Seite des Ufers blitzen wieder bunte Kirchtürme durch die Bäume, außerdem ist dort direkt am Ufer ein großes Zelt aufgebaut, laute Musik schalt herüber und Rauch deutet auf einen Schaschlikgrill hin. Dummerweise halt auf der anderen Seite und die nächste Brücke ist weit.

 

Blick über die Wolga

Kirche in Twer

Also entscheiden wir uns doch auf unserer Flussseite zu bleiben und hier etwas zu essen zu suchen. Kurz drauf kommt auch bei uns ein kleiner Vergnügungspark mit Kinderkarussels, nicht ganz so lauter Musik und die Buden verkaufen zwar Bier aber nichts zu Essen. Also wenden wir uns ab vom Ufer und landen auf einem großen Platz auf dem eine große Statue steht, der Herr ist uns allerdings unbekannt. Auf den Parkbänken genießen viele kleine Grüppchen die Abendsonne.

 

Der lokale Produktij bietet zwar alles mögliche zum abendlichen Selbstkochen, aber da es doch schon recht spät ist, fragen wir die nebenan sitzende Jugendgruppe ob es nicht irgendwo eine Pizza zum mitnehmen gibt. Klar gibt es das, die Pizzeria Milano haben wir aufgrund des Schlenkers durch den Vergnügungspark glatt umlaufen. Also bestellen wir zwei Pizzen zum mitnehmen, die hier rund 3 – 5 Euro kosten. Und so spazieren wir kurz drauf mit unseren beiden Pizzakartons und zwei Flaschen Baltika zum Wolga-Ufer und gucken uns den Sonnenuntergang an. Die Pizza essen wir natürlich auch.

 

Sonnenuntergang über der Wolga

Zurück am Auto warten Jens und Ceddy am Parkplatztor und ich gehe vorne rein ins Hotel, damit der Security die anderen beiden hinten rum rein darf. Hunde dürfen halt nicht ins Hotel, was bei den meisten Hotels in Russland so ist. Die freundliche Rezeptionistin hat zwischenzeitlich ihre deutschsprechende Kollegin organisiert und so erkläre ich ihr mein Anliegen mit der Registrierung. Nach Rücksprache mit dem Manager und Bezahlung einer entsprechenden Gebühr darf ich unsere Pässe abgeben und wir werden über das Hotel registriert. Solltet ihr jemals unsere Homepage lesen, möchten wir uns an dieser Stelle noch einmal sehr herzlich dafür bedanken!

 

Gute Nacht aus Twer! Lieben Gruss JuJuC

 

PS: Hier unsere Reiseroute auf der Landkarte


Einmal um Moskau herum

1. Mai 2012

 

Unser extra gestellter Wecker klingelt natürlich nicht. Trotzdem sind wir rechtzeitig wach und verlassen schon um halb 9 unseren kleinen Parkplatz. Weiter geht es wieder auf die M10 Richtung Moskau. Heute ist auch hier Feiertag und beim ersten Tanken werden wir freundlich mit netten Wünschen zum Feiertag begrüßt. Leider verstehe ich diese nicht. Sollte jemand von euch wissen, was man sich hier zum 1. Mai wünscht, würde ich mich über eine kurze Nachricht freuen.

 

Wir haben keine Lust uns auf den fünf- bis zehnspurigen Autobahnring und das vermutete Verkehrschaos, also biegen wir in Klin kurzerhand von der M10 Richtung Osten ab und nehmen die A108, eine Landstraße die in rund 70 km Entfernung von Moskau ebenfalls einen Ring um die Stadt bildet. Hier ist es schon deutlich entspannter zu fahren, die Straße ist leerer als die M10 und auf den ersten Blick auch in einem besseren Zustand. Hier muss es schon wärmer gewesen sein, denn die Birken tragen alle schon frisches Grün.

 Eine der zahlreichen Ortsdurchfahrten 

 Vom befestigen Straßenrand ausgelagerte Straßenlaterne

Gepflegtes Holzhaus mit Vorgarten am Straßenrand

 

 Unser Ziel heute ist Suzdal, ein kleiner Ort mit zahlreichen Kirchen, der zum Goldenen Ring gehört. Vor zwei Jahren waren wir schon einmal hier und haben ihn uns angeguckt. Diesmal soll es hier aber einen neuen Campingplatz geben (www.suzdalcamp.ru, bisher nur auf russisch).

 

 In Suzdal angekommen ist der Camping gut ausgeschildert und so fahren wir einmal im Bogen um den Ort herum. Am Ortsrand liegt eine große Hotelanlage, die nun neben dem Camping auch kleine Ferienhäuschen im Angebot hat. Leider müssen wir feststellen, dass der Platz noch nicht geöffnet, aber sieht schon sehr schick aus. Ein großes, zentrales Haus mit Rezeption und Sanitäranlagen, ringsherum Wiese und geschotterte Wege bzw. auch geschotterte Stellfläche für Wohnmobile. Zahlreiche Stromsäulen stehen auf dem Platz, so dass zukünftige Wohnmobile auch gut versorgt sind.

Camping von Suzdal 

 

Der Platz sieht auf jeden Fall sehr nett aus. An der Rezeption des Hotels erfahren wir, dass der Platz am 10. Mai eröffnet (ab dann aber durchgehend im Sommer und Winter in Betrieb ist). Schade für uns, denn wir sind zehn Tage zu früh dran. Dafür dürfen wir aber auf dem Hotelparkplatz übernachten. Der Parkplatzwächter weist uns einen Stellplatz ganz in der Ecke zu und so stehen wir umgeben von netter grüner Wiese.

 

Der Ortskern soll nicht weit sein, die von mir verstandenen 10 Minuten waren aber wohl eher mit dem Auto als zu Fuß. Länger als eine halbe Stunde laufen ist es aber auch nicht und so spazieren wir erst über die kleine Brücke hinter dem Hotel durch ein Neubauviertel mit vielen großen Häusern und hohen Mauern ringsherum.

 

An jeder zweiten Ecke werden Zimmer zum übernachten angeboten. Da merkt man doch, dass es hier touristisch sehr erschlossen ist. Auf dem zentralen Marktplatz bieten zahlreiche Stände allerlei Souvenirs und Krams für die Touristen an.

Buntbemalte Schuhe werden den Touristen angeboten 

 

Wir hingegen versorgen uns mit frischen Lebensmitteln und machen uns wieder auf den Weg zurück zum Womo. Dunkle Wolken ziehen auf und der Wind pustet uns den Straßenstaub ins Gesicht. Also versuchen wir uns schleunigst Richtung Auto zu bewegen, wer weiß was da gleich von oben kommt. Auf dem Rückweg wählen wir nicht den Weg mit den Brücken sondern gehen andersherum um den Kreml. Im Nachhinein keine wirklich kürzere Alternative.

 

Wir laufen also durch ein weiteres Neubauviertel, die großen Wachhunde begrüßen uns lautstark und versuchen uns an der etwas verfallenen Kirche oberhalb unseres Parkplatzes zu orientieren. Nach einigen Sackgassen, die in irgendwelchen Baugrundstücken enden, erreichen wir bei leichtem Nieselregen die Kirche und kurz drauf auch unser Auto. Nur blöd, dass wir natürlich beim Einkaufen so das ein oder andere vergessen haben. Und auf unserem Rückweg nicht wie gehofft ein Laden war. Auf der Straße zum Camping haben wir ein kleines Geschäft gesehen, richtig weit kann das nicht gewesen sein und so kommt nun das erste Mal unser kleines Klapprad aus dem Kofferraum zum Einsatz.

 

Kaum ist Jens losgefahren, fängt es an ordentlich zu schütten und der Wind lässt unser hochbeiniges Wohnmobil ordentlich schaukeln. Langsam bekomme ich ein schlechtes Gewissen, dass ich es so gemütlich, während draußen die Welt untergeht. Als ich gerade überlege, Jens per Auto einzusammeln, ist er auch schon wieder da. Wie er es geschafft hat, bei dem Wetter die vier Eier in dem Plastiktütchen heile nach Hause zu bringen, ist mir ein Rätsel. Allerdings ist die Milch irgendwie im Laden geblieben und so setze ich mich, sobald der Regen etwas nachlässt, auf’s Rädchen und mache mich auf den gleichen Weg. Der Wind ist wirklich brutal und pustet mich fast vom Rad und das mit dem nachlassenden Regen war wohl auch nur kurzfristig so. Und auch wenn der Weg wirklich nicht weit ist, komme ich nach einer Viertelstunde klatschnass, dafür aber mit Milch zurück. Nach dem Ausflug haben wir uns nun ein ordentliches Abendessen verdient und gibt es unser vorher erstandenes Rindfleisch (sah zumindest danach aus und schmeckte auch so) mit großem Salat. Wir sind noch nicht ganz fertig mit dem Essen und das Unwetter hört auf. Am Horizont zeigt sich schon die untergehende Sonne während die dunkle Wolkenfront über uns wegzieht.

Nach dem Regen kommt die Sonne

 

Gut gestärkt und wieder trocken, machen wir noch einen kleinen Abendspaziergang mit Ceddy und statten unserem kleinen Laden nun den dritten Besuch des Abends an. Ich hatte die Tomaten vergessen. Außerdem hab ich Lust auf ein Stück Schokolade. Als ich mich für keine der Milka, Nestle oder sonstige bekannte Schokoladen im Schaukasten entscheiden kann, zeigt mir die Verkäuferin auf der anderen Seite des kleinen Lädchen auch noch die entsprechenden russischen Schokoladen. Und so erstehen wir eine Tafel Aljonka-Schokolade mit dem klassischen Kindergesicht drauf. Lecker!

Blick vom Hotelgelände zum Kreml

Die schön restaurierte Kirche des Kremls ...

 

 

... und die Kirche, die uns den Weg Richtung Parkplatz gezeigt hat.


Weiter nach Kazan

2. Mai 2012

 

Heute Morgen füllen wir erst mal unseren Wasservorrat auf. Da am Camping die Leitungen noch nicht funktionieren, dürfen wir am Hotel unseren Schlauch anschließen und wir versprechen, dass wir irgendwann den Camping wieder besuchen kommen. Wir folgen der Straße zurück zur M7 und ab sofort geht es wirklich nur noch gen Osten.

 

Wie auch schon auf der M10 zwischen Sankt Petersburg und Moskau wechselt der Zustand der Straße von super bis schlaglochgeprägt, Bahnübergänge sind besondere Hindernisse und sollten meistens nur im Schritttempo überquert werden. Da hilft es leider auch nicht wenn ein einsamer Bauarbeiter eine Schippe Schotter in die Löcher wirft sobald mal kein Auto kommt.

 

Zwischendurch kommt immer wieder eine Großbaustelle, wo man sieht was für eine große, breite Straße hier einmal lang führen wird. Etliche Kilometer sind aber dementsprechend auch schon in einem tiptop Zustand. Das links und rechts an der Straße ändert sich kaum, wir queren immer wieder kleinere Städte oder Dörfer mit Holzhäusern. Nachdem es lange recht flach war, wird es nun aber hügelige und so folgen wir der Landstraße mit leichtem Auf und Ab immer gerade aus.

Hier mal ein nicht so schöner Abschnitt

 

Um Nischni Novgorod, der nächsten Großstadt auf unserer Strecke, wird gerade eine mehrspurige Umgehungsstraße gebaut, die auch schon auf rund 15 km fertig gestellt ist. Linkerhand von uns schlängelt sich die Wolga ihren Weg, der Fluss hat hier allerdings schon Ausmaße die wir von zu Hause nicht gewöhnt sind. Spätestens kurz vor Kasan, bei der Überquerung des Flusses zeigt sich dies.

 

Die letzten Kilometer Richtung Kasan habe ich übrigens das Vergnügen mal meine Fahrkünste auf der Straße zu zeigen und prompt winkt uns die Polizei gleich zweimal raus. Nicht dass ich gegen irgendeine Verkehrsregel verstoßen hätten, sondern einfach nur zur Kontrolle der Papiere. Den ersten Polizisten hätte ich beinahe übersehen, da ich mich auf das mehrspurige Abbiegen der Landstraße konzentriert habe. Das laute Pfeifen von der anderen Straßenseite überhöre ich dann aber nicht. Unsere Papiere sind sowohl bei dieser als auch bei der folgenden Kontrolle alle in Ordnung und so dürfen wir innerhalb kurzer Zeit weiterfahren. Warum Jens allerdings auf seinen zig Kilometern nicht kontrolliert wurde und kaum sitze ich am Steuer, werden wir gleich raus gewunken, bleibt mir ein Rätsel. Mal gucken, wie das weiterhin so läuft. Nur gut, dass unser neues Womo keine niedrige Sitzbank direkt hinterm Fahrer hat. So kann Ceddy nicht mehr jeden dem man das Fenster öffnet (meistens halt Verkehrspolizei oder Grenzkontrolleure), neugierig die Schnauze entgegenstecken. Das hatte verständlicherweise in der Vergangenheit nicht immer zu einem entspannten Verhalten der jeweiligen Personen geführt.

Ich habe auch mal das Vergnügen zu fahren

 

Wir haben nicht so recht bedacht, dass die Sonne hier im Osten ja ein bissel früher untergeht, zumindest so lange nicht die Uhren umgestellt werden müssen. Kasan hat noch Moskauer Zeit und so neigt sich die Sonne so langsam Richtung Horizont. Glücklicherweise ist es nicht mehr weit bis in die Stadt. Und auch wenn wir eigentlich lieber einen großen Bogen um die Millionenstädte des Landes machen, möchte ich ja unbedingt hier hin um mir den Kreml anzugucken. Also folgen wir den wieder sehr breiten Einfallstraßen. Spurmarkierungen werden hier übrigens eher weggelassen als gemalt, so dass sich jeder aussuchen kann wo er gerade fährt. Unser Navi leitet uns direkt zum Kreml, das Flussufer wird auch hier neu gebaut, so dass wir mitten in eine Baustelle geraten und einmal um den Block fahren müssen. Vorbei am Fußballstadion, welches gerade hell erleuchtet ist und wir hören, dass dort gerade gespielt wird. Zwischen dem auf einem Hügel liegenden Kreml und dem hinter einem großen Wall liegenden Fluss liegt ein kleiner Parkplatz, fast leer gerade, was aber vermutlich an der Uhrzeit liegt. Eine kurze Nachfrage beim Parkplatzwächter klärt, dass wir hier übernachten dürfen. Bei dem großen, imposanten Gebäude auf der anderen Seite des Parkplatzes handelt es sich übrigens um das Ministerium der Republik Tatarstan. Und damit gehört der Parkplatz eindeutig zu denen mit bester Aussicht. Wann hat man schon mal vom Schlafzimmerfenster aus direkten Blick auf ein malerisches UNESCO Weltkulturerbe.

Unser Übernachtungsplatz in Kazan

 

Da es nun langsam dämmert machen wir uns auf den Weg Richtung Kreml und dieser ist gar nicht wie erwartet geschlossen. Die Museen natürlich schon, aber ich gucke mir ja Gebäude eh lieber von außen an. Also gehe ich mir den Kreml angucken, während Jens mit Ceddy seinen Abendspaziergang macht. Abends um 21 Uhr ist das Gelände quasi Menschenleer, vereinzelt laufen Touristen wie ich umher, fotografieren und bestaunen die Gebäude. Zuerst dachte ich ja, dass es eigentlich schöner wäre bei Tageslicht hier zu sein, aber als dann auch noch die Beleuchtung der Gebäude angeht, ist es einfach nur toll hier um die Uhrzeit zu sein.

 

Zurück am Auto hat Jens schon Abendessen gekocht und so gehen wir mit einem letzten Blick auf den Kreml ins Bett.

 Das Ministerium neben uns.


Bis nach Perm

3. Mai 2012

 

Bei dicht verhangenem Himmel und Nieselregen wachen wir heute Morgen auf. Ich möchte mir noch ein bisschen mehr von der Stadt angucken und mache mich wieder auf den Weg hoch zum Kreml. Draußen treffe ich Dinar, der mich mit einem freundlichen Guten Morgen begrüßt. Er hat unser Auto gesehen und in der Schule deutsch gelernt. Und so versuchen wir uns mit unseren halben Schulkenntnissen irgendwie zu verständigen. Ich erzähle von unserer Reise und dass es uns hier gut gefällt. Zum Abschied gebe ich ihm eines unser bedruckten Feuerzeuge.

 

Danach mache ich mich auf Richtung Kreml, oben angekommen schlendere ich die Straßen dann in entgegen gesetzter Richtung entlang. Heute früh ist es deutlich voller, bei 5°C und Regen ungemütlich und so hasten die Passanten die Straße entlang. Auch mir ist nicht so richtig nach Stadtbesuch und so schlendere ich im Bogen wieder zurück zum Auto. Sollten wir noch mal wieder in Gegend kommen, statten wir Kasan auf jeden Fall noch mal einen Besuch ab. Hier gibt es bestimmt noch viel zu entdecken. Nur nicht heute, denn uns zieht es weiter Richtung Osten zum Baikalsee.

 

Und so stürzen wir uns erst mal in das morgendliche Verkehrschaos einer Großstadt, glücklicherweise staut es sich meist in die Stadt rein und nicht raus. Insgesamt dauert es aber doch eine ganz Weile bis wir die Großstadt hinter uns gelassen haben. Dann hat uns auch unsere M7 wieder, der wir nun erst mal Richtung Perm folgen.

Reich verzierte Kirche in Kazan

 

Nur der Engel guckt ein bisschen blass von oben herab

 

Kazaner Neubauviertel auf der gegenüberliegenden Flussseite, wieder mit Kirche

Schlafender Ceddy während der Fahrt

 

In Perm angekommen, versuchen wir eines der Hotels aus unserem Reiseführer anzusteuern. Unser Navi ist allerdings mit den Hausnummern nicht ganz so zuverlässig, außer dass es uns zuverlässig in die falsche Richtung lotst. Also bekommen wir eine kleine gratis Stadtrundfahrt und unser erster Eindruck ist, ganz schön groß hier. Breite Straße, viel grün (gut für jeden Hundebesitzer) und natürlich das übliche Verkehrschaos. In Kazan sind wir ja quasi direkt vor dem Stadtzentrum zum Kreml abgebogen und haben somit ja nur einen kleinen Teil gesehen, aber hier sind wir nun jetzt mitten drin. Nicht nur viele Autos sind unterwegs, auch die Bürgersteige sind voll und Passanten eilen vorbei. Ein Geschäft ist neben dem anderen und so stellen wir uns mal in die Schlange zum ausgeschilderten Parkplatz. Auch hier sind die Parkplatzwächter sehr freundlich, zwar gibt es eine automatische Schranke mit Parkschein aber dafür steht dahinter jemand und weist uns einen Parkplatz zu. Wie wir dann feststellen, stehen wir genau vor dem Hotel Ural, unserem eigentlichen Ziel, nur halt auf der anderen Seite des Grünstreifens. Und hier steht es sich auch gut. Der nahegelegene Shoppingpalast hat zwar schon zu, dafür der unten drin gelegene Supermarkt aber noch nicht. Da wir ja dank Zeitverschiebung zu den spät unterwegs Seienden gehören, sind Öffnungszeiten bis 24h schon ganz praktisch.

 

Irgendwie haben wir auf der großen Straße in die Stadt mehr auf die vorhandenen Geschäfte (IKEA, Auchan, Metro, Obi etc. oder war das woanders!? Wenn ich nicht täglich schreibe... ) geachtet, als auf eine Tankstelle. Und irgendwie haben wir zwar noch ein bissel im Tank, aber unser Auto genehmigt sich ja in der Stadt eindeutig einen Schluck zu viel und Heizen wollen wir auch noch. Also fragen wir unsere Parkplatzwächter nach der nächstgelegenen Tankstelle und machen uns mit unserem Kanister auf Stadtbesichtigungstour. Perm scheint touristisch erschlossen zu sein, auf den Bürgersteigen folgen wir entweder grünen oder roten Linien, die uns an den Sehenswürdigkeiten vorbeiführen (übrigens beschildert in russisch und englisch). Auf den ersten Blick ist es nicht ganz so spektakulär, wie nun der Kreml in Kasan, aber die Stadt hat eindeutig den Charme einer lebendigen Großstadt.

 

Mit gefülltem Kanister machen wir uns dann wieder auf den Rückweg und so langsam wird es dunkel. Das Hotel Ural ist wie auch alles anderen großen Gebäude bunt beleuchtet. Einen McDonalds gibt’s hier übrigens auch neben an, wollen wir aber zum Abendessen nicht nutzen. Anstatt dessen bringen wir lieber Ceddy ins Womo und gehen ins nahegelegene Restaurant Newa. Hier ist es zwar relativ leer, aber dafür gibt es WIFI (davon habe ich ja schon kurz auf unserer News Seite geschrieben) und wie wir dann feststellen, leckeres Bier namens „Helles“ und lecker Essen. Auch hier scheint man auf Touristen eingestellt zu sein, denn unsere Bedienung spricht englisch und es gibt auch eine englische Speisekarte. Beides wäre nicht notwendig, aber mit letzterem können wir zumindest einige fehlende Vokabeln klären. So viel also erst mal von unserem Aufenthalt in Perm, das sich für einen längeren Aufenthalt ebenfalls lohnt!

 Blick auf die Kama in Perm

 Blick von der Brücke auf Perm

Der Stadtbär (rechts im Dunkeln) an der grünen Linie.
Beim Nasestreicheln bitte etwas wünschen!

 Vielleicht gibt’s doppelte Wünsche, wenn auch Ceddy die Nase gestreichelt bekommt

Blick auf unseren Parkplatz

 

 Aus irgendeinem Grund dürfen um die Ecke keine Smarts parken

 Hotel Ural im Dunkeln


Mit ♥ für euch geschrieben