Ins Altai und weiter gen Westen

Einreise nach Russland

Die beiden Grenzbeamten nehmen unseren Stapel Dokumente entgegen und verschwinden im nahegelegenen Häuschen. Alles gut und wir dürfen weiterfahren. Einen Laufzettel bekommen wir auch gleich dazu. Mal gucken wie lange wir hier brauchen. Wir starten um 12 Uhr 03.

 

Zwischen dem ersten Häuschen und der richtigen Grenzkontrolle liegen etliche Kilometer, die sich aber aufgrund des optimalen Straßenbelags so einfach fahren lassen. Und wie schön ruhig es sich doch auf Asphalt fährt!

 

Bevor wir auf das Gelände der Grenzabfertigung dürfen, steht erst mal wieder Desinfektion unserer Reifen an. Die beiden zwischenzeitlich hinter uns fahrenden LKWs haben uns auf dem Weg hierhin in einem Affenzahn doch noch überholt und lassen sich gerade die Reifen absprühen. Also stellen wir uns schön an, zahlen dann 44 Rubel und Indy bekommt nun auch schön saubere Reifen. Immerhin eine Stelle an ihm die nun nicht mehr staubig ist. Danach geht es durch das große Tor und ich darf in das erste weiße kleine Häuschen rechterhand um einmal unsere Papiere angucken zu lassen. Die Beamtin spricht ein paar Worte Deutsch und erklärt mir dass wir danach in das große Haus in der Mitte müssen. Schnell fülle ich dann schon mal die Formulare aus, die wir an einer der letzten Grenzen in großer Stückzahl als Vordruck bekommen haben.

 

Hier ist es ebenfalls leer, aber nicht nur vor den Kontrollstellen sondern auch dahinter. Merkwürdig. Irgendwann kommt dann doch eine Beamtin zur Passkontrolle und guckt sich unsere Papiere an. Meine schön ausgefüllten Immigrationskarten gefallen ihr nicht, es sind die falschen und so darf ich diese noch mal ausfüllen. Meiner Meinung nach sehen diese genauso aus wie die anderen. Aber was soll’s. Dann ist das schon mal geschafft. Der Veterinär ist auch leicht gefunden, nur nicht da. Von 13 bis 14 Uhr ist hier Mittagspause. Tja und so stehen wir nun als einziges Fahrzeug mitten auf dem Gelände der Grenzabfertigung und können weder vor noch zurück. Nicht nur wir finden dass etwas ungünstig auch Ceddy findet es irgendwie doof. Aber da ist wohl nichts zu machen. Auf die eine Stunde soll es doch nu nicht ankommen.

 

Kurz vor Ende der Mittagspause sehen wir schon von weitem die ganzen Grenzbeamten wieder Richtung Arbeitsstelle laufen. Es kann also losgehen! Und so suchen wir als Nächstes erst mal den Veterinär auf. Bisher war dies immer ein relativ kurzes Prozedere, wenn überhaupt. Doch nun werden fleißig alle Ausweise, also nicht nur Ceddys Ausweis sondern gleich noch mein Ausweis und unser Fahrzeugschein angeguckt. Außerdem wird alles noch kopiert. Und so ein Heimtierausweis hat ganz schön viele Seiten und bei dem Alter unseres Hundes auch ganz viele kleine Aufkleber von den ganzen Impfungen. Das mit dem doppelseitig Kopieren gibt der Veterinär recht schnell auf, führt nur zu Papierstau. Und so sitze ich geduldig in seiner Amtsstube und warte einfach ab, was denn als nächstes ansteht. Jetzt geht es ans Ausfüllen eines Papiers. Die Suche nach den passenden Angaben im Heimtierausweis gestaltet sich ähnlich aufwändig wie die Suche nach den passenden Angaben in unserem KFZ-Schein beim Ausfüllen der Versicherungspapiere in Perm. Warum hat ein Heimtierausweis eigentlich kein Ausstellungsdatum? Vielleicht könnte dies bei der Neuauflage des Papiers mal berücksichtigt werden. Wir verständigen uns darauf, dass das Ausstellungsdatum gleich Geburtsdatum ist. Letztendlich wird in dem DINA4 Zettel wohl vermerkt, dass Ceddy mit mir und unserem Auto eingereist ist, glaub ich zumindest.

 

Dies war nun die längste Hundeeinreiseprozedur unseres Lebens, allerdings natürlich ohne sich Ceddy überhaupt anzugucken. Das schicke Foto reichte ihm aus.

 

Der weitere Ablauf ist ähnlich durcheinander wie schon auf der mongolischen Seite. Irgendwer nimmt uns mit Richtung Auto um unser Fahrzeug zu kontrollieren. Dabei fällt allerdings auf, dass wir ja noch gar nicht unsere Zollerklärung abgegeben haben. Kam uns ja auch ein wenig komisch vor. Also schnell der freundlichen Beamtin folgen und zurück ins Häuschen ab zum Zoll. Irgendwem fällt dann allerdings noch auf, dass wir irgendwas oder –wen bei der Passkontrolle übersehen haben. Also bleibt unser Fahrzeugschein beim Zoll, behagt mir nicht so recht, und wir dürfen an einer anderen stelle noch mal unsere Pässe vorzeigen. Was jetzt der Unterschied zur ersten Passkontrolle ist, keine Ahnung. Dafür sind unsere Zollformulare zwischenzeitlich fertig abgestempelt, mit Aufklebern versehen und unterschrieben. Mit den ganzen Zetteln in der Hand suche ich wieder die nette Beamtin und strecke ihr freudig alles entgegen. So nu können wir wirklich unser Fahrzeug kontrollieren lassen. Ein Blick ins Auto reicht zur Feststellung „wie ein Haus“ und damit zu den ersehnten Stempeln.

 

Nun haben wir aber immer noch unsere doppelt ausgefüllten Immigrationskarten, von denen doch eigentlich eine an der Grenze bleiben muss, während wir die andere immer mit uns führen müssen. Aber auch das ist leicht erklärt, denn hier ist die Kontrolle der Immigrationskarten halt erst nach der Grenze. Rund 500 m hinter dem letzten Tor befindet sich ein kleines grünes Häuschen, in dem man sein Kärtchen abgeben muss.

 

Geschafft!!

 

Jetzt geht es erst mal schön ruhig auf der asphaltierten Straße durch eine breite Ebene. Links und rechts sind die schneebedeckten Berge sichtbar.

Etliche Kilometer nach der Grenze kommt auf der rechten Seite eine Quelle, an der alle Vorbeikommenden anhalten und ihre mitgebrachten Wasserflaschen auffüllen. Also wir auch. Und so füllen wir unseren Tank ebenfalls auf, lassen Ceddy ausgiebig in dem Bach planschen und fangen schon mal an das Chaos in unserem Auto aufzuräumen. Gut, dass keiner der Grenzbeamten auf die Idee gekommen ist, unseren Kofferraum sich anzu-gucken. Hier scheint alles durcheinandergeraten zu sein, was irgendwie geht. Da wartet irgendwann doch noch einiges an Arbeit auf uns.

 

Aber jetzt genießen wir erst mal die Landschaft!

In Aktasch, dem nächsten größeren Ort nach Taschkent, versorgen wir uns erst mal mit Rubeln, tanken und stocken unsere Lebensmittelvorräte wieder auf. So nu brauchen wir nur noch einen netten Übernachtungsplatz. Kurz vor Aktasch gab es schon links am Fluss einige Hüttenansammlungen, die auf die üblicherweise hier Kanu fahrenden Gäste warten. Kurz hinter Kibitsch kommt am Straßenrand ein Hinweisschild für ein Ecotouris-muscamp. Wir sind natürlich viel zu schnell vorbei und so drehen wir an der nächsten Möglichkeit und holpern eine Piste Richtung Fluss. Hier stehen etliche Jurten (wie ich nachher lese mongolische), etliche kleine Hütten und auf der Wiese sind ein paar Zelte aufgeschlagen. Das sieht doch genau nach dem richtigen Platz für uns aus.

 

Und so stehen wir kurz drauf schon auf einer schönen grünen Wiese, umgeben von Bäumen und Bergen. Es duftet herrlich nach frischen Kräutern, bis auf Thymian kann ich aber keins identifizieren. Ceddy findet es natürlich ebenfalls toll, nur zum Schwimmen ist die Strömung unseres Flusses doch ein wenig stark. Macht aber auch nichts, mit den Füssen durch’s eiskalte Wasser zu laufen ist auch prima. Und für uns buchen wir noch eine Stunde die nahegelegene Banja. Und so sitzen wir abends gut zufrieden und staubfrei vor’m Womo. Endlich Urlaub! 


Im Altai

25. Mai 2012

 

Heute Morgen sind wir uns ganz schnell einig, dass wir einfach noch einen Tag hierbleiben. Nachdem wir ja schon dank der Banja wieder staubfrei sind, ist heute nun unser Fahrzeug dran. Und so holen wir Eimerweise Wasser aus dem Fluss und arbeiten uns Schrank für Schrank durch. Das hört sich jetzt zwar nicht nach der perfekten Urlaubs-beschäftigung an, aber es ist schon ein schönes Gefühl zu sehen, wie unsere Behausung wieder in einen halbwegs Normalzustand kommt.

 

Heute stelle ich übrigens fest, dass unsere in der Mongolei gekaufte H-Milch namens Mönmilk aus China kommt. Das habe ich mir irgendwie anders vorgestellt. Das nur mal so nebenbei.

Und so räumen wir fleißig jeden Schrank aus und versuchen auch den Staub aus der letzten Ecke zu bekommen. Einige lose Schrauben drehen wir wieder rein und unsere ausgehakte Küchenschublade öffnen wir mit ein wenig Gewalt. Hier haben unsere Gewürze eine bunte Mischung angerichtet. Aber auch das ist leicht zu beheben.

 

Auf dem Platz wohnen übrigens noch zwei 3 Monate alte Junghunde, die liebend gerne mit Ceddy spielen würden. Der hingegen liegt aber lieber im Gras und pennt.

 

Später sammeln wir Feuerholz zusammen und machen ein gemütliches Lagerfeuer. Der Genuss hält aber leider nicht lange an. Dunkle Wolken ziehen auf und innerhalb weniger Minute geht ein ordentlicher Regenguss über uns nieder. Gut, dass wir mit dem Innenputz schon fertig waren und unseren Kram schon wieder eingeräumt hatten. Dann halt kein Lagerfeuer. Wir werden bestimmt demnächst wieder Gelegenheit dazu haben. 


Raus aus den Bergen

26. Mai 2012 

 

Gestern Abend hat es noch weiter ordentlich geschüttet und heute Morgen wachen wir bei 3°C Außentemperatur auf. Die Tannen auf den umliegenden Bergen haben über Nacht alle eine leichte Puderzuckerschicht bekommen. Da sind wir ja doch wieder im Winterurlaub gelandet.

Wir folgen der Straße immer weiter gen Norden und hoffen auf einen ähnlich netten Stellplatz wie unser Ecocamp. Zwischenzeitlich gehen auch die Temperaturen wieder nach oben und so haben wir zwar mit 10°C noch kein Sommergefühl wieder, aber immerhin.

 

Wir queren immer wieder kleine und größere Flüsse und so können wir uns gut vor-stellen, warum es hier so viele Kanufahrer hinzieht. Der größte Fluss ist die Katun, die wir auch mehrfach auf unsere Strecke kreuzen.

 

Die Straße schlängelt sich immer wieder durch schmale Schluchten und über kleinere Pässe. Es ist richtig schön hier zu fahren. Der höchste Pass ist der Seminski-Pass mit einer Höhe von 1715 Metern. Auf der Fahrt nach oben bekommen die Tannen wieder ihr Puderzuckerkleid und die gerade ganz angenehmen Temperaturen gehen erwartungs-gemäß wieder in den Keller. Oben angekommen haben wir nur noch minus 1°C und hier liegt doch deutlich mehr Schnee. Hübsch!

Neben einem großen Obelisken steht hier noch ein Schild mit diversen Entfernungs-angaben. Und so ist Berlin mit 4770 km am weitesten von uns gerade entfernt. Sogar Tokio ist näher, zumindest per Luftlinie und laut diesem Wegweiser.

Berlin 4770 km, Moskau 3168 km, Tokio 4590 km, Peking 2679 km,
Wladiwostok 3562 km, Ulan Baatar 1577 km

Die Idee hier oben zu übernachten, verwerfen wir ganz schnell wieder und folgen der Straße wieder bergab. Nach einem ordentlichen Hagelschauer und deutlich weniger Höhenmetern sieht das Wetter schon wieder ganz anders aus.

 

Übrigens gibt es hier auch so etwas wie Jurten. Diese stehen immer neben den Holzhäusern und sehen anders aus als in der Mongolei. Typischerweise aus Holz gebaut und irgendwie sind sie auch höher und spitzer als die mongolische Variante. Insofern trifft vielleicht die Bezeichnung Jurte nicht ganz zu oder vielleicht ist das einfach die Altai-Jurte.

Je weiter wir gen Norden kommen, desto dichter besiedelt ist es entlang der Straße. Auch sind immer mehr Hotels und Pensionen ausgeschildert. Die meisten sind allerdings geschlossen und überall wird fleißig gebaut. Scheinbar ist hier noch keine Saison, sondern die ganzen Vorbereitungen laufen. In eine der Siedlungen biegen wir trotzdem, zahlen 120 Rubel um über die Brücke zu dürfen, um dann festzustellen dass auch hier gerade Großbaustelle herrscht. Bei dem Angebot an Übernachtungsmöglichkeiten muss hier im Sommer ja die Hölle los sein.

 

Die Berge werden je weiter wir fahren immer niedriger und gehen irgendwann in eine saftig grüne Hügellandschaft über. Auf den Wiesen stehen übrigens schwarz-weiß ge-fleckte Kühe, so dass ich spontan ans Allgäu denken muss. Den Hinweis, dass ich da noch nie war, verkneift sich Jens netterweise.

 

In Altaiskoje, umgeben von malerischen Hügeln, gibt es bergauf und bergab übrigens nur Hinweisschilder mit 20%iger Steigung bzw. 20%igem Gefälle. An jeder noch so kleinen Erhebung stehen die gleichen Schilder. Vielleicht gab es gerade keine anderen oder aber eine 50er Packung war günstiger?

Irgendwie klappt es mit unserem Übernachtungsplatz nicht so recht und prompt sind nun auch die Hügel vorbei und wir befinden uns wieder im sibirischen Flachland. Na gut, dann halt wieder Stadt. Also fahren wir bis nach Barnaul, suchen das erste große Hotel und stellen uns dort über Nacht hin. Beim nahegelegenen türkischen Imbiss holen wir uns unser Abendessen. Irgendwie ist auf der Speisekarte aus irgendeinem Grund alles nicht mehr verfügbar, außer Hähnchen Döner. Na gut, dann halt zweimal Hähnchen Döner. Und lecker war er auch auf jeden Fall. Besser als der im nahegelegen Supermarkt erstandene Rotwein. Bei den wenigen Gelegenheiten eine Flasche Wein zu kaufen, haben wir ja schon gelernt nicht im unteren Preissegment zu gucken. In Irkutsk hatten wir aber das Glück einige gut trinkbare Flaschen in einer Weinhandlung zu erstehen. Mein trockener Rotwein mit englischem Etikett und einem Aufdruck „Tradicion de Espana“ auf der Vorderseite und russischer Beschreibung unter Angabe eines Weinabfüllers in Frankreich auf der Rückseite entpuppt sich gerade als trinkbar. Immerhin. Die umgerechnet 7 Euro sind es aber nicht wert gewesen. Übrigens hätte ich auch Nürn-berger Christkindl-Glühwein für 10 Euro bekommen können, dafür ist aber der Winter-einbruch nun doch schon wieder ein paar Stunden und etliche Kilometer her.



Mit ♥ für euch geschrieben