7. Juni 2011

 

Ab ans schwarze Meer

 

Glücklicherweise parken wir mit Jumpy schön im Schatten des nahegelegenen Hochhausneubaus und so brennt die Sonne noch nicht direkt auf uns, aber es lässt sich schon erahnen, welche Temperaturen sie uns heute wieder beschert. Wir versuchen den Weg stadtauswärts über die nahegelegene Brücke über den Don zu finden, aber irgendwie haben wir kein Glück in den Einbahnstraßen und stürzen uns somit bzw. unseren Jumpy wieder ins russische Verkehrsgewühl. Dann nehmen wir halt einfach die nächste Brücke und fahren geradewegs weiter gen Süden.

 

Wir folgen der liebgewonnen M4 erst mal bis Krasnodar, dort kommt Jessi mal wieder auf die grandiose Idee nicht die Ortsumfahrung zu nehmen (immerhin ist Krasnodar die Partnerstadt von Karlsruhe, wo ein Teil von Jessis Familie lebt und es wäre doch großartig dann von dort eine Postkarte zu schicken) sondern Richtung Stadt zu fahren. Natürlich ist Krasnodar nicht irgend so ein kleines Dorf, sondern eine ausgewachsene Großstadt mit entsprechendem Autoverkehr und so finden wir außer verstopften Straßen weder Postkarten noch die angekündigten McDonalds mit möglichem WIFI. Und so brauchen wir rund eine Stunde bis auf die andere Seite der Stadt, haben immer noch kein WIFI und von Postkarten mal ganz zu schweigen.

 

Dafür kommen wir jetzt endlich mal in den Genuss von der Polizei raus gewunken zu werden. Nachdem wir letztes Jahr dies proaktiv immer selbst gemacht haben und inzwischen geglaubt haben, dass unser Jumpy einfach kein rauswinkenswertes Fahrzeug ist, werden wir nun eines besseren belehrt. Der freundliche Polizist bestaunt mehr unser Auto als unsere Pässe oder Führerscheine. Auf unserer aufgeklebten Europakarte lässt er sich noch zeigen, wo wir herkommen und wo wir hin wollen und das Ganze wird mit einem schmunzelnden Kopfschütteln kommentiert. Scheinbar sind unsere Papiere in Ordnung und wir dürfen weiter fahren. Puuh, geschafft. Irgendwie steht der Polizist aber doch noch merkwürdig hinter unserem Auto und so steigt Jessi doch noch mal aus. Aber er möchte nur noch den Hund angucken, mehr nicht ;-) Sympathische Polizei hier!

 

Nach ziemlich langer Zeit erreichen wir endlich wieder unsere Ortsumfahrung von Krasnodar und folgen der M4 weiter Richtung Süden. Hier wollen wir nach ca. 60 km uns den Kurort Gorjatschij Kljutsch angucken, in der Hoffnung hier einen passenden Übernachtungsplatz zu finden. Der Ort ist niedlich, aber dank des ausgeklügelten Einbahnstraßensystems nicht so recht zu durchschauen und so sind wir froh die Hauptstraße wieder zu finden. Hinter dem Ort fangen übrigens direkt die Berge an und so folgen wir den restlichen Kilometern bis zum Meer den Serpentinen rauf und runter. Es wird angenehm kühl in den Bergen und links und rechts sind anstatt Steppe nun ausgedehnte Wälder zu sehen. Zwischendurch gibt es eine Quelle und wir füllen neben den diversen LKW-Fahrern unsere Vorräte auf. Ceddy bekommt zur Abkühlung erst einmal einen Eimer Wasser über sich ausgeleert, was er nicht lustig findet aber dafür danach erst mal ein wenig ruhiger ist. In den Bergen gibt es immer wieder nette Hotels am Straßenrand, aber wir wollen jetzt ans Meer. In Dschugba angekommen staut sich der Verkehr erst mal wieder dank einer Brücke voller Schlaglöcher, aber dies ist schon vergessen als wir kurz darauf das schwarze Meer sehen. Geschafft!

 

Wir sind rund 2100 vielleicht auch 2200 Kilometer auf russischen Boden gefahren, haben von 10spurigen Straßen bis Feldwegen alles gehabt (und das sogar innerhalb eines Tages), hatten eine Reifenpanne, sind einmal von der Polizei kontrolliert worden, hatten Sonnenuntergänge zwischen 22h und nach Mitternacht, sind hauptsächlich nur der M10, dem MKAD und der M4 gefolgt, sind von Taiga bis Steppe gefahren, die Häuser waren von einfachen Holzhäusern bis zu 20stöckigen Hochhäusern, haben genau 10 Regentropfen auf der Windschutzscheibe gehabt und sind um viele Eindrücke reicher! Mal gucken was jetzt als nächstes an der Schwarzmeerküste uns erwartet. 

 

Am Schwarzen Meer angekommen wollen wir nun möglichst schnell einen passenden Übernachtungsplatz finden um uns irgendwie im Meer zu erfrischen. Alles erscheint uns gerade angenehmer als weiterhin bei bestem Sonnenschein im Auto zu sitzen. Die ein oder andere Möglichkeit taucht auch am Straßenrand auf, z.B. ein großer Parkplatz am Wasser oder eine Zeltwiese, die bereits ganz gut gefüllt ist. Aber entweder fährt Jessi gerade zu schnell dran vorbei oder aber denkt, es gibt bestimmt auch noch was Besseres. Gibt’s aber nicht, zumindest nicht die nächsten zwei Stunden über Serpentinen bergauf und wieder bergab. Die nachfolgenden Orte liegen alle in den Bergen, weit oberhalb des Meeres. Manch ein Hotel hat deswegen eine abenteuerliche Fahrstuhltreppen-Kombination bis zum Strand gebaut. Nach einem Auto in der Böschung, einem umgekippten Lkw, der seine zu transportierende Erde quer über die Fahrbahn verteilt hat, einer Polizeisperre, diversen „wir manchen aus zwei nur noch  eine Spur“ und gefühlten zweitausendsiebenhundertachtundzwanzig Kurven später, befinden wir uns doch wieder auf der Höhe des Meeres. 

 

Hier im Ort, dessen Namen echt nicht kompliziert war und somit nicht im Gedächtnis geblieben ist, biegen wir kurzerhand Richtung Wasser ab und steuern den ausgeschilderten Bezahl-Parkplatz an. Klar dürfen wir hier übernachten, das Parkplatzwächter-Pärchen freut sich Gäste aus Deutschland zu haben und kann sogar ein paar deutsche Wörter. Der Strand ist gerade mal 100 Meter entfernt und so machen wir uns schnell auf den Weg dorthin. Dank der letzten fünfzig Kilometer ist es doch schon später als erhofft und wir haben Hunger. Am Strand, der hier übrigens hauptsächlich aus großen Kieselsteinen besteht, darf Ceddy erst mal zahlreichen Steinen hinterher schwimmen, die aber nicht so schön wie Stöckchen wieder herausgefischt werden. Egal, Hauptsache eine Erfrischung. Und frisch ist das Wasser wirklich. Der ein oder andere scheint hart im Nehmen zu sein und schwimmt im Wasser, aber ein Großteil der Menschen sitzt am Rand und guckt sich den Sonnenuntergang an. Das Publikum hat sich im Vergleich zu Rostov ein wenig gewandelt, hier sind hauptsächlich Familien mit Kindern unterwegs.

 

Was dafür geblieben ist, sind die zahlreichen Hunde die Ceddy mehr oder weniger freudig begrüßen. Ein jugendlicher Schäferhund scheint noch keine schlechten Erfahrungen auf der Straße gemacht zu haben und tollt mit Ceddy umher.

 

Die Uferpromenande ist wieder voll mit Abendspaziergängern und die zahlreichen Restaurants und Imbissbuden sind gut gefüllt. Wir entscheiden uns für den Stand mit den gegrillten Hähnchen und nehmen eins mit, um dann am Womo gemütlich zu essen. Zwischendurch darf Jessi noch Übersetzungshilfe leisten. Ein Typ am Hähnchengrill bekommt mit, dass wir aus Deutschland sind und schon gucken wir uns in seinem BMW die Fehlermeldungen an: Ölservice und Inspektion seit 70.000 km fällig. Scheinbar kommen hier doch nicht so viele Touristen vorbei, die mal eben weiterhelfen können. Im Gegenzug bekommen wir am Kiosk nebendran erklärt, wie denn die Handykartem-Aiflad-Automaten funktionieren, die hier an jeder Ecke rum stehen. Gar nicht so schwierig, wenn man weiß wie.

 

Unser Hähnchen schmeckt übrigens hervorragend. Kurz vorm Einpacken wurde es noch dick mit einer Sauce bestrichen, die sich als Knoblauch-Honig-Sauce herausstellt. Echt lecker.

 

Über uns funkeln nun die Sterne und wir gehen schlafen! Entspannte gute Nacht!